Mal wieder was Gehaltvolles
Life is a beach.
Nachdem einige Leser (haha) kritisiert haben, dass meine Beiträge immer kürzer und gehaltloser werden, bekommt ihr heute mal wieder etwas mehr als Worthülsen um die Ohren gehauen! Wie bereits geschrieben, ging unser Internet lange Zeit nicht (und tut es immer noch sehr unregelmäßig). Außerdem hatte mich das Leben hier ganz gut im Schwitzkasten - im Guten wie im Schlechten.
Ich habe mich mittlerweile sehr gut eingelebt und fühle mich irgendwie so, als sei ich schon seit einem Vierteljahr hier, nicht erst seit drei Wochen. Vielleicht wird man mit den Menschen automatisch schneller warm, weil nach den üblich sinnentleerten Smalltalk-Partys ("Where are you from? Oh, Germany! That's SO cool! I actually have a friend whose cousin's brother once went to Heidle- how do you pronounce it? Heidlebarg? Yeah, and he loved it SO much...") alle nach tiefgründigen Gesprächen und verlässlichen Freunden auf Zeit lechzen... Ich verbringe auf jeden Fall den großen Teil meiner Zeit mit Katja und Christoph, oft sind auch Gesa plus Freund oder Christophs polnische Mitbewohnerin dabei - und eben mit meinen Mitbewohnerinnen, besonders mit Maria (Italien) und Hana (Slowenien).
Ich war immer noch auf keinem der legendären Erasmus-Saufgelage (die hier zentral von einer "Organisation" veranstaltet werden und nahezu allabendlich stattfinden) - das liegt auch daran, dass ich mir nicht die ERASMUS-SIM-Karte angetan habe, die zwar umsonst ist, einen aber auch täglich mit Mitteilungen wie "1 beer = 1 kiss party TONIGHT!" bombardiert... Weggegangen wird aber natürlich trotzdem, zuletzt geschehen am Freitag, wo die WG-Jungs unter uns beide WGs erst mal lecker bekocht haben - wie schon beim letzten Mal saßen wir zu 16t um den Tisch, und an jeder Ecke wurde eine andere Sprache gesprochen. Thorsten saß ziemlich geflasht dazwischen und meinte irgendwann: "Das ist hier ja wie in Babel!" Anschließend waren wir bis morgens um 5 im Bairro Alto unterwegs.
Den Rest des Wochenendes habe ich, wie im letzten Eintrag bereits erwähnt, schön Tourguide gespielt und dabei auch die eine oder andere neue Ecke von Lissabon kennengelernt. Wir sind unter anderem mit einem der altertümlichen "Elevadores" (Aufzüge) gefahren, die die Ober- mit der Unterstadt verbinden. Auch ein Ausflug nach Cascais, der ehemaligen Sommerresidenz der Königsfamilie (heute ein pastelliger Côte d'Azur-Ferienort-Verschnitt), an den Strand und mein neues Lieblings-Strandcafé, war drin. Gestern waren wir mal wieder surfen und wieder mal war es sehr schön. Die Surffrequenz wird jetzt auf zweimal die Woche erhöht, weil wir nicht wissen, wie lange es noch warm genug ist...und weil wir mal ein bisschen vorankommen wollen. Außerdem kann ich mir keinen schöneren Ort vorstellen als die hölzerne Surfschul-Veranda nach zwei Stunden auf dem Wasser (Bilder)!
So schön die Freizeit ist: die Uni deprimiert mich eher. Vielleicht war es etwas blauäugig, in ein Land zu kommen, dessen Sprache ich kaum spreche, und zu erwarten, dass ich Kurse in dieser Sprache belegen kann... Anfangs dachte ich, nachdem ich mich mal über die Bürokratie-Hürden gekämpft habe, die einem die hiesige Verwaltung in den Weg stellt, würde alles besser. Stattdessen schlage ich mich jetzt mit der Gleichgültigkeit von Dozenten und Kommilitonen herum... Mitte letzter Woche wurde mir auf einmal alles so zu viel, dass ich aufs Uniklo geflüchtet bin und einfach mal geheult hab. Es ist ziemlich scheiße, überall die Neue zu sein, niemanden zu kennen, die Sprache nicht zu sprechen und sich permanent wie ein Klotz am Bein vorzukommen! Wenn ich nicht die einzige Erasmus-Studentin in meinem Fach wäre, wäre alles wohl etwas einfacher - Fakt ist aber, dass der Weg für Ausländer hier noch nicht wirklich geebnet ist. Dazu kommt, dass die Uni meiner Meinung nach nicht besonders gut organisiert ist. Der mir zugeteilte Tutor stellt sich bislang tot, und wenn Stunden ausfallen, warten die Studenten oft 45 Minuten, bis sie gehen. In meinem Französischkurs war das bisher dreimal (in knapp zwei Wochen!) der Fall.
Nach dem Wutanfall im Klo habe ich mir dann kurz überlegt, ob ich alles hinschmeißen soll.
Allerdings fiel mir schnell auf, dass eigentlich alles hier viel zu toll ist, um es einfach sausen zu lassen: ich hab' eine super WG, nette Leute kennengelernt, es ist wunderbares Wetter, ich kann surfen und die Stadt erkunden und ausgehen und Gitarre spielen lernen und tausend andere Dinge. Daraufhin bin ich dann heimgegangen und habe eine Liste gemacht, was ich mir von diesem halben Jahr eigentlich so erwarte. Tja, und die Uni hier landete ziemlich weit unten - wie die meisten ja wissen, kann ich mir die hier erbrachten Credits in Deutschland ohnehin nicht anrechnen lassen, da mir in Augsburg nur noch wenige, sehr spezifische Punkte fehlen. Wichtiger ist mir vor allem, mir ein Bachelorarbeitsthema zu überlegen und einen passenden Masterstudiengang zu finden. Und alles oben genannte. Seitdem bin ich mit der Uni und mir selbst im Reinen und genieße die Zeit hier wieder in vollen Zügen (oder Metros :-)...
Tja - das Leben! Wie immer eine Achterbahn. Das ist zuhause sicher nicht anders. Ich denk an euch!
ina
Mein Zimmer! :-)
PS: Ich hab den Blog heute mal 'n bisschen "aufgeräumt", vor allem, was die Fotos angeht. Bilder finden sich jetzt nicht mehr nur unter "Zufallsbild", sondern auch unter dem jeweiligen Beitrag in Originalgröße oder als Thumbnail (kleines Bild, kann durch Anklicken vergrößert werden)!! Toll, gell, Fabi?
ina-unterwegs - 22. Okt, 23:42